Die Sängerin Aglaja Camphausen präsentiert im Tanztee Fünf vor Zwölf bekannte und unbekannte Hits und Schlager der 30er, geschrieben und gesungen von Verfolgten, Verfemten und Regimetreuen. Sie bringt das Stimmungsbild einer Zeit auf die Bühne, die geprägt war von Sentimentalität, Kitsch und Brutalität.
Denn nachdem in den 1920ern nach dem verlorenen Krieg und der Aufhebung des Tanzverbots eine ungeheure Lebens- und Amüsierlust um sich griff, wurde Musik im Dritten Reich von den Nationalsozialisten ab 1933 systematisch zensiert. Wo gerade noch Onestep, Charleston und Tango getanzt worden war, wurde der von Amerika herüber schwappende Jazz verboten und die Musikmode änderte sich radikal. Statt frivoler Schlager schallten nun aus den Radios Hits des neuen deutschen Tonfilms und Propagandamusik. Jüdische Musiker erhielten Auftrittsverbot, wie z.B. die Comedian Harmonists. Viele Komponisten und Texter wurden verschleppt und ermordet, wie Walter Jurmann (Veronika, der Lenz ist da) oder Löhner Beda (Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren), oder sie emigrierten in die USA, wie Robert Gilbert (Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln geh’n) oder Friedrich Holländer (Ich weiss nicht, zu wem ich gehöre). Wieder andere wurden geduldet wie Michael Jary (Ich weiss, es wird einmal ein Wunder gescheh’n) oder Peter Kreuder (Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt) da sie so beliebt waren, dass man sie in der deutschen Propaganda und Kriegsmaschinerie brauchte. Sängerinnen und Schaupielerinnen, die als unerwünscht ins Exil gehen mussten, wurden von solchen wie Zarah Leander ersetzt. Manch ein Schauspieler wie Hans Albers oder Heinz Rühmann arrangierte sich mit dem System und machte Karriere.
In ihrer Revue setzten sich Aglaja Camphausen und ihr Pianist Ullrich van der Schoor mit den Umständen dieser wenig ruhmreichen Zeit auseinander und geben in Moderationen Einblick in das Zeitgeschehen.
Aglaja Camphausen, studierte Cellistin und Sängerin, setzt sich schon lange intensiv mit der Zeit zwischen den Kriegen auseinander. Mit ihrem Salonquartett DIE SCHMONZETTEN feierte sie gerade mit ihrem aktuellen Programm „Weibsbilder, Fräuleins und Karrierefrauen, Musik der wilden 20er“ erfolgreich Premiere und tourt auch mit den Programmen „SHMONZETTEN – Alles Tango“ und „Hits und Schlager der Roaring Twenties“. Ausserdem ist sie freiberuflich als Cellistin und an der Oper Dortmund als Sängerin beschäftigt. Zu hören ist sie auf den Cd´s: „Alone“ Aglaja Camphausen und DIE SCHMONZETTEN sowie „Always“ DIE SCHMONZETTEN, erschienen bei Meyer Records.
Impressionen von der Veranstaltung:
Die Veranstaltung ist Teil des Projekts 1941 des Werkhaus e.V.