Zwischen Powerplay und Reduktion
Das Festival FREI DREI will der Dialektik von Komplexität und Reduktion näherkommen. In den Workshops wird die Spannung zwischen den Polen verhandelt und musikalisch erarbeitet. Zum Abschluss gibt es einen Konzertabend mit Dozenten und Workshop Teilnehmern.
Workshop II: Reduktion im improvisatorischen Prozess
mit Christoph Irmer, Wuppertal
Wenn man für die „Freie Improvisation“ das Thema der Reduktion verbindlich machen möchte, dann lässt sich dieses im Zusammenhang mit dem Themenbereich der Wiederholung tun. Dieser Themenbereich umfasst die Begriffe Wiederholung, Wiederholbarkeit und Nichtwiederholbarkeit. Häufig wird übersehen, dass sich diese drei Begriffe wesentlich voneinander unterscheiden. Dabei kann sich etwas wiederholen, wenn es sich plötzlich und unvorhersehbar noch einmal ereignet, ohne dass es vorher als wiederholbar erschien. Andererseits kann etwas als wiederholbar erscheinen und die Erinnerung prägen, ohne jemals noch einmal sich wiederholen zu lassen. Außerdem kann etwas jedoch auch als so undeutlich, ungenau oder nicht identifizierbar erscheinen, dass es nicht direkt wiederholbar oder kaum erinnerbar ist. Die Reduktion kann als ein methodischer Versuch gelten, dieser Nichtwiederholbarkeit entgegen zu wirken. Die perzeptive Aufmerksamkeit wird dabei auf musikalische Formen gelenkt, denen der einzelne Spieler / die einzelne Spielerin einen Wert als erinnerbar und wiederholbar zumisst. Sie / Er entscheidet sich für bestimmte Klangereignisse, denen weiterhin ein Interesse gelten soll, unter bewusster Ausscheidung anderer undeutlicherer Klangereignisse, deren Spuren nicht weiter verfolgt werden. Diese reduktiven Möglichkeiten können im praktischen Spiel auf verschiedene Weisen erforscht werden und führen zu klanglich deutlich besseren und prägnanteren Ergebnissen im weiteren Verlauf des musikalischen Prozesses.
Christoph Irmer
(geb. 1958) studierte Schulmusik und Violine. Er arbeitet heute an einer Gesamtschule in Wuppertal als Lehrer für Musik und Sozialwissenschaften. Für seine Tätigkeit als Improvisator war die Teilnahme an Peter Kowalds Projekt 365 Tage am Ort 1994/95 von größter Bedeutung. Heute engagiert er sich insbesondere im “Wuppertaler Improvisations Orchester” und mit theoretischen und praktischen Beiträgen im “Exploratorium” in Berlin.