Vor 30 Jahren verurteilte das Landgericht Krefeld Wolfgang Ott, den ehemaligen Spieß im KZ Buchenwald, wegen Beihilfe an der Ermordung des KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann. Auch dann, wenn das Urteil durch den Bundesgerichtshof aufgehoben und Otto schließlich freigesprochen wurde, markierte die Krefelder Entscheidung eine Zäsur in der damaligen Justizpraxis. Die Verfolgung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik ist zuallererst eine Geschichte der Justizversäumnisse. Täterschaft löste sich buchstäblich auf und reduzierte sich auf die obersten Spitzen des NS-Regimes und eine “Ausles” von Exzess-Täterinnen und -Tätern. Diejenigen, die auf den verschiedensten Ebenen an bürokratisch organisierter Vernichtung und Mord beteiligt waren, konnten sich nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam auf fehlendes Unrechtsbewusstsein und Befehlsnotstand berufen. lngrid Müller-Münch, die eine Vielzahl von NS-Verfahren als Gerichtsreporterin beobachtet hat, u. a. auch den Krefelder Strafprozess, wird einen überblick über Strafverfahren und “Verfahrenshindernisse” geben und auch darüber, was erst sehr spät zu einer Veränderung in der Entscheidungspraxis der Justiz geführt hat.
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Bündnis Krefeld für Toleranz und Demokratie e. V., Villa Merländer e. V., Der andere Buchladen